Der Mittelspitz

Eine lang ersehnte Anerkennung in der Welt der Deutschen Spitze


Mittelspitz ca. 1890Die Geschichte der Mittelspitze ist geprägt von langen Jahren des Ringens um Anerkennung und Eingliederung in den offiziellen Standard. Erst 1969 wurden Mittelspitze offiziell in die Varietäten der Deutschen Spitze aufgenommen.

Gegeben hat es Spitze in der Größe, wie sie im heutigen Standard für die Mittelspitze vorgegeben sind, schon immer. Dennoch wurden sie zu Beginn der organisierten Hundezucht im Verein für Deutsche Spitze nicht im offiziellen Standard anerkannt. So hatten Spitze, die in einer Größe zwischen 27cm, später 29cm und 39 cm lagen, einen schweren Stand auf Ausstellungen. Sie wurden entweder als zu große Kleinspitze oder als zu kleine Großspitze bewertet, was dazu führte, dass sie meist in Liebhaberhände abgegeben wurden oder ins Ausland verschwanden. Die Frage nach dem Warum diese Zwischengröße so lange keine Anerkennung erhielt, ist heute kaum noch nachvollziehbar.

Mittelspitze ca. 1910

Einen ersten Lichtblick gab es 1906, als die Generalversammlung beschloss, alle Farben und Größen beim Spitz anzuerkennen. Somit wurde der Standard in Bezug auf die Größe der Großen Spitze von "nicht unter" auf „möglichst“ (45 cm bzw. 40 cm) umformuliert. Ebenso wurde der Satz „Andere Größenmaße erkennt der Verein für deutsche Spitze nicht an“ aus dem Standard gestrichen.  Somit konnten auch Spitze im sogenannten Mittelschlag auf Austellungen entweder bei den Kleinspitzen oder den Großspitz bewertet werden, wenngleich sie auf Prämierungen eher nicht hoffen konnten. Auch im Zuchtbuch wurden Sie entweder als Kleinspitz oder als Großspitz eingetragen.

In den folgenden Jahren standen Richter auf Ausstellungen immer wieder im Zweifel, ob sie diese Hunde als zu kleine Großspitze oder zu große Kleinspitze richten sollten. Manch ein Richter entschied sich sogar, sie in einer gesonderten Klasse zu richten, andere disqualifizierten sie. Was zu Unmut sowohl bei Züchtern als auch bei Richtern führte. Immer wieder wurden daher Forderungen laut, Klarheit zu schaffen und eine gesonderten Klasse für den Mittelspitz einzuführen.

So stellten im Jahr 1925 Oskar Braun sowie die Ortsgruppe Herten (Westfalen) jeweils einen Antrag auf Anerkennung des Mittelspitz, den von der Generalversammlung jedoch ablehnt wurden. Zwei jähre später erfolgte erneut ein Antrag auf Anerkennung des Mittelspitz, auch dieser wurde durch die Generalversammlung im Jahr 1927 mit 16 zu 8 Stimmen abgelehnt.

Über die Diskussionen und vorgebrachten Gründe auf den jeweiligen Generalversammlungen ist leider nicht viel bekannt. In seinem Buch "Spitze sind Spitze" schreibt Hartwig Drossard als möglichen Grund, dass sich der Verein für Deutsche Spitze Ende der 1920er Jahre nicht leisten konnte, weitere acht Prämien für Siegerhunde zu vergeben, wenn Mittelspitze in den Wettbewerb einbezogen worden wären. Diese Prämien waren mit Geldpreisen für die Besitzer verbunden. Ob dies nur eine reine Vermutung von Herrn Drossard ist oder tatsächlich auch ein Grund für die Ablehnung war, ist leider nicht nachvollziehbar, da Quellen nicht benannt wurden. Aus den Vereinsnachrichten dieser Jahre ist jedoch zu entnehmen, dass dies zumindest nicht das einzige Argument gegen die Einführung eines Mittelschlag war. Nach den Worten von Herrn Braun sowie des damaligen Vorsitzenden der Gruppe Baden sahen einige Vereinsgenossen im Mittelspitz wohl lediglich ein "Fehlprodukt" von großen und kleinen Spitzen, "Erzeugnisse falscher Zusammenstellung der Zuchtpaare", das keinesfalls ein Zuchtziel sein sollte.

Auch vor der Generalversammlung im Jahr 1933 wurden wieder Stimmen einiger Ortsgruppen und Richter laut, den Mittelspitz endlich in den Standard einzubeziehen. Ein entsprechender Antrag wurde jedoch nicht gestellt. 

In der Vorkriegszeit und während der Kriegsjahre flaute die Diskussion um den Mittelspitz nahezu vollständig ab. Dies lag auch daran, dass ohnehin kaum noch Ausstellungen stattfanden und während der Kriegsjahre keine Generalversammlungen abgehalten wurden.

Anfang der 1950er Jahre wurden die Forderungen, einen Mittelschlag in den Rassestandard einzuführen, wieder lauter. Die in den Vereinsnachrichten jener Zeit geführten Diskussionen erlauben uns auch für diese Zeit, einen gewissen Einblick in die Gründe für die ablehnende Haltung gegenüber dem Mittelspitz zu gewinnen.

Mittelspitzwelpen 1950
Frau Schenk mit einem Wurf Mittelspitze

Ein großer Befürworter zur Anerkennung der Mittelspitze dieser Zeit war Herr Walter Nößler, der schon 1950 mehrfach die Einführung des Mittelspitz bewarb und die Vorteile und Notwendigkeit betonte, die sowohl Züchter als auch Liebhaber im Mittelschlag sahen. Im standen jedoch bekennende Gegner wie Herr Bruno Müller (Zwinger "Firnengold") oder Herr Filly (Züchter "von der Hemberghöhe) entgegen, die für eine klare Abgrenzung von Klein- und Großspitzen eintraten. Diese sahen im Mittelspitz, wie auch schon Gegner früherer Zeiten, ein züchterisches Versagen und befürchteten, dass die Anerkennung des Mittelspitzes im Ausland zu Spott oder Mitleid führen würde, weil Deutschland nicht in der Lage wäre, seine Zuchtprobleme zu meistern. Dieser Zuchteifer ging so weit, dass man selbst der untere Mindestgröße, die einst zum Wohle der Tiere festgelegt wurde, kritisch gegenüberstand. Mit ihren Ansichten dürften Herr Müller und Herr Filly nicht alleine gewesen sein, denn auch auf der  Generalversammlung im Jahr 1955 wurde ein Antrag auf Anerkennung des Mittelspitz erneut abgelehnt. 

Erst am 22. Juni 1969, anlässlich der Generalversammlung des Vereins für Deutsche Spitze zum 70-jährigen Vereinsjubiläum, wurde nach jahrzehntelangem Ringen endlich beschlossen, den Mittelspitz in den offiziellen Standard aufzunehmen. Wärend in Nachbarländern wie Österreich und Tschechien bereits 1970 die ersten Mittelspitze als eigene Varietät eingetragen wurden, wurden in Deutschland erst 1973 die ersten drei Mittelspitzwürfe (fünf schwarze, fünf weiße und zwei graue Welpen), deren Eltern aus der Kleinspitzzucht stammten, sowie eine aus Tschechien stammende weiße Mittelspitzhündin ins Zuchtbuch eingetragen.

Gemäß dem aktuellen Standard der FCI beträgt die Größe der Mittelspitze 35cm +/- 5cm. Sie sind in den Farben schwarz, braun, weiß, orange, graugewolkt und andersfarbig zugelassen.

Der Mittelspitz hat eine lange Reise hinter sich, um endlich in den offiziellen Standard der Deutschen Spitze aufgenommen zu werden. Obwohl es Hunde dieser Größe schon immer gab, mussten sie lange Zeit auf ihre Anerkennung warten.  Aus heutiger Sicht betrachtet, ist es absolut unverständlich, dass diese Varietät erst 70 Jahre nach der Gründung des Vereins für Deutsche Spitze offiziell anerkannt wurde.

„Jede Rassezucht erfreut Herz und Auge und bietet gewisse Gewähr für gute Eigenschaften.
Die letzte Instanz für den züchtenden Menschen bleibt aber immer die Natur.
Sie belohnt die Rassen, deren Grenzen der Mensch Vernünftig und weitherzig setzte,
stets mit Kraft, Schönheit und langem Bestand."

Prof. Dr. Otto Fehringer

 

Vereinsnachrichten 03/1950

Walter Nößler
Zumpel-Windlinge-Spitze

Der Mittelschlag

Vereinsnachrichten 06/1950

Walter Nößler
Der Mittelschlag

Vereinsnachrichten 10/1950

Heinrich Sassenberg
und Erich Filly

Vereinsnachrichten 03/1951

Bruno Müller
Teil 1

Vereinsnachrichten 04/1951

Bruno Müller
Teil 2


Quellennachweis:

Vereinsnachrichten 1925, 1927, 1933
Spitze sind Spitze von Hartwig Drossard
Vereinsnachrichten Des Verein für Deutsche Spitze 03/1950, 06/1950, 08/1950, 09/1950, 10/1950, 03/1951 und 04/1951
Der Deutsche Spitz in Wort und Bild, 4. Ausgabe, 1953